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Studie: 33 Prozent der deutschen Fans wenden sich vom Fußball ab

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Wissenschaftler haben die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf den Fußball untersucht. Das Ergebnis zeigt auf, dass sich ein Drittel der deutschen Fans abwenden, die Kommerzialisierung spielt dabei eine größere Rolle als erwartet.

Fanforscher Prof. Harald Lange von der Universität Würzburg stellte vor einem Jahr im MDR (Mitteldeutscher Rundfunk) die Prognose auf, dass die Fußball-Anhänger „ihre Leidenschaft zurückfahren und sich abwenden werden – und das millionenfach.“ Jetzt liefert eine Studie erste Belege:

Die Studie hat ein Netzwerk von acht Wissenschaftlern unter Beteiligung der Fachhochschule Dortmund und Universität Würzburg durchgeführt. Dabei wurden 4.190 Fußball-Anhänger über die Voting-App FanQ befragt. Kilian Weber und Dr. Joachim Lammert schafften mit der Umfrage-Plattform die Basis, dass innerhalb einer Woche repräsentative Daten erhoben werden konnten. Der MDR hat die Studie analysiert und lässt einschätzen, was die Resultate für die Zukunft des Fußballs bedeuten.

„Unsere Stichprobe umfasst alle Geschlechter, Altersgruppen und hat auch die Verteilung auf verschiedene Fußballklubs beachtet, daher ist sie für Deutschland gesamt repräsentativ“, erklärt Kilian Weber. Dazu wurden alle unterschiedlichen Fantypen einbezogen: solche mit und ohne Mitgliedschaft in Vereinen, mit Steh-, Sitz- oder gar VIP-Plätzen im Stadion und auch Gruppen, die Fußball eher oder meist im TV verfolgen. Unter den Befragten gaben 33,1 Prozent an, dass sie seit Ausbruch der Corona-Pandemie weniger Interesse am Fußball haben. 33,9 Prozent sagen das auch hinsichtlich eines Stadionbesuchs.

Dass sie nicht mehr ins Stadion kommen, begründen 6,1 Prozent mit dem geringeren Interesse am Fußball. Stattdessen landen hierfür ausschließlich die pandemiebedingten Begleitumstände unter den fünf meistgenannten Gründen. So stören sich 43 Prozent an den Corona-Schutzmaßnahmen allgemein, 41,8 Prozent lehnen den Zugang übers 2G-Modell, 29,3 Prozent das 3G-Modell ab, 28,2 Prozent haben Sorge vor einer Infektion und 19,9 Prozent sind gegen personalisierte Tickets.

Zwischenfazit: Etwa ein Drittel der Anhänger stehen den staatlichen Anti-Corona-Vorgaben kritisch gegenüber. Im Umkehrschluss heißt das aber für den Fußball: Die Prognose, dass die Zuschauer in die Stadien zurückkehren ist weitgehend positiv, nur 7,3 Prozent beantworten die Frage für sich mit „nein“.

Geht es aber nicht um den Stadionbesuch, sondern ums Interesse am Fußball – so sieht das ganz anders aus. Hier geben 62,5 Prozent wohl Corona als Grund an, allerdings betonen auch 52,7 Prozent, dass die Kommerzialisierung des Fußball-Geschäfts eine Ursache dafür ist. „Wir haben erwartet, dass eine emotionale Entfremdung da ist. Aber dass die Kommerzialisierung fast die gleiche Bedeutung wie die Pandemie einnimmt, ist erstaunlich“, erklärt FanQ-Geschäftsführer Weber: „Wir sehen, dass Corona ein Stück weit als Katalysator für die Kommerz-Debatte gedient hat.“

So meint Fußball-Anhänger Malte Mücke aus Dresden im Gespräch mit dem MDR: „Ich fühle mich als Fan nicht mehr als Teil des Ganzen, nicht beachtet oder mitgenommen. Fußball lag mir immer am Herzen, aber es macht keinen Spaß mehr. Das Geld steht überall an erster Stelle, es ist eine Überkommerzialisierung im Fußball“, erzählt er. Mit seinen Ansichten ist Malte Mücke einer von vielen, denen es so geht. In der Studie bezeichnen 4,6 Prozent der Befragten die Wirtschaftspraxis der Branche als in Ordnung, während 74,4 Prozent die Kommerzialisierung als überzogen einstufen. Dabei wählten 48,9 Prozent sogar die extremste Antwortform „völlig überzogen“ aus.

Professor Harald Lange erläutert: „Die Distanz zwischen den Fußball-Lenkern und den Fans wächst. Die Argumentationslinien werden so scharf wie noch nie vorgetragen.“ Als Beispiel dafür sieht er den offen entbrannten Streit bei der Jahreshauptversammlung des FC Bayern. Dort hatten Mitglieder wegen der möglichen Sponsoring-Verlängerung mit QatarAirways einen Antrag gestellt, dass der Klub sich demnächst offiziell zur Einhaltung von Menschenrechten bekennen muss. Die Münchner Vereinsführung lehnte das ab – und stimmte auch noch geschlossen dagegen.

Lange sagt dazu: „Die Mitgliederversammlung bei den Bayern hat die Kommunikationsprobleme zwischen Management und Fan-Basis in einer Schärfe ans Licht gebracht, wie ich es selten erlebt habe. Die Klubverantwortlichen denken wie ein Wirtschaftsunternehmen, die Anhänger sehen den Verein mit seiner Geschichte und seinen Werten. Das ist ein Konflikt, wo sich die Lage wirklich zugespitzt hat, es ist richtig Sprengstoff im System.“

Lassen sich die Positionen zwischen der für viele abgehoben wirkenden Profi-Elite und den Anhängern noch versöhnen? FanQ-Geschäftsführer Weber schätzt: „Die große Herausforderung für Klubs, Verbände und deren Verantwortliche besteht darin, im Weg aus der Corona-Krise die Fans wieder mitzunehmen. Das muss durch neue Lösungen passieren. Wenn sich der Trend einmal verstetigt hat, wird es immer schwieriger, sie zurückzugewinnen.“

Laut Lange dürfte es allerdings einen langen Atem brauchen. Er ist überzeugt: „Um das Feld zu befrieden, braucht es komplexere Gesprächsformate, einen langfristigen Prozess mit vielen kleinen Schritten. Schnell geht es nicht mehr. Es wird anstrengend, aber ist noch möglich.“

Doch was erwarten die Fans eigentlich an konkreten Maßnahmen? Malte Mücke nennt zum Beispiel Folgendes: „Die 50+1-Regel muss erhalten bleiben, die Spieler dürfen nicht immer teurer werden. Es braucht also eine Beschränkung der exorbitanten Transfersummen und die Personalbudgets dürfen einen bestimmten Rahmen nicht mehr sprengen.“ Für Anhänger wie ihn spielt die internationale Wettbewerbsfähigkeit kein besonderes Argument, stattdessen fordert er: „Wir dürfen uns nicht an der Premier League orientieren. Die Bundesliga soll sich als Maßstab nehmen, die besonders nachhaltige Liga zu werden. Wir können also auch sagen, wir fahren bewusst ein anderes Konzept, fördern den Nachwuchssport und beachten gesellschaftliche Entwicklungen.“

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